FSV Großenseebach

Skandal im Schachbezirk – ein Kommentar zur Sicht des TV Erlangen auf dessen Homepage

Von Dieter Seyb

Die juristischen Schlachten sind geschlagen - zurück bleiben bei allen Beteiligten erhebliche Wunden.

Da der Bezirk Mittelfranken und der TV Erlangen teils verzerrte, teils falsche Schilderungen in „Massenmails“ bzw. auf ihrer Homepage abgegeben haben, möchte der FSV Großenseebach nunmehr aus seiner Sicht darstellen, wie es zu einer derartigen Eskalation der Streitigkeiten um den Aufstieg in die Regionalliga kommen konnte.

Als vor 2 ½ Jahren die beiden Erlanger Großvereine TB und TV Erlangen im Schach eine Spielgemeinschaft gegründet haben, war es in der Schachszene jedem Interessierten bekannt, dass es im Falle des Aufstieges der Spielgemeinschaft auf bayerischer Ebene erhebliche Probleme geben würde, da dort laut Turnierordnung Spielgemeinschaften nur ausnahmsweise zugelassen werden. Eine Zulassung erfolgte gewohnheitsrechtlich nur im Falle einer bevorstehenden Fusion beider Vereine oder wenn die Vereine wegen der geringen Mitgliederstärke jeder für sich alleine keine Mannschaft stellen können. Es war offenkundig, dass keine der beiden Fallgruppen auf die Erlanger Spielgemeinschaft zutraf. Inwieweit sich die Erlanger Schachfunktionäre hiermit vorab auseinandergesetzt haben oder nur ihren durch die Spielgemeinschaft entstandenen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Vereinen genossen haben, mag dahinstehen; jedenfalls scheint aber auch der Bezirk Mittelfranken vor diesem Problem die Augen verschlossen zu haben. Andere Bezirke haben insoweit längst ihre Hausaufgaben gemacht und lassen entweder Spielgemeinschaften nicht zu oder regeln, dass diese nicht aufsteigen dürfen; zumindest weisen sie ihre Vereine auf die Problematik hin.

Erwartungsgemäß lehnte der bayerische Schachkongress in seiner Vollversammlung im Juni dieses Jahres mit überwältigender Mehrheit den Aufstieg der SG ab, obgleich der Schachbezirk Mittelfranken eigens für diese Sitzung die Abteilungsvorsitzenden von TB und TV als Delegierte zum Kongress entsandt hatte und diese für die Spielgemeinschaft werben durften. Es ist zu erwarten, dass der Kongress im nächsten Jahr Spielgemeinschaften auf bayerischer Ebene generell für unzulässig erklärt.

Seit diesem Zeitpunkt sind die Ereignisse dem Vorsitzenden des Schachbezirks Mittelfranken leider völlig entglitten:

Noch während der Vollversammlung teilte der bayerische Spielleiter mir mit, dass der – bislang vom Bezirk als eventueller Nachrücker gemeldete – FSV Großenseebach in der Regionalliga sei. Dies mussten sowohl der neben mir sitzende Spielleiter Mittelfranken, als auch dessen Vorsitzender mitbekommen haben.

Obwohl ihnen somit genau bekannt war, dass der FSV als Aufsteiger vorgesehen war, gab man weder auf dem Kongress noch in der folgenden Woche mir oder einem anderen Vertreter des FSV gegenüber kund, dass man sich mit dem auf dem Kongress beschlossenen Ergebnis nicht abfinden wollte, sondern den TV als „rechtmäßigen Aufsteiger“ ansah. Stattdessen veranlasste der Bezirksvorsitzende, dass der Bezirk „klammheimlich“ einen Tag vor Ablauf der Meldefrist den schon für die Regionalliga gemeldeten FSV wieder abmeldete und den TV an seine Stelle setzte. Hätte uns nicht der bayerische Spielleiter aus eigenem Antrieb über die geänderte Meldung des Bezirkes informiert oder hätten wir nicht im Internet die Auslosung der Spielpläne verfolgt, wäre uns der Vorgang wahrscheinlich erst kurz vor Saisonstart bekannt geworden und wir hätten uns mit den Gegebenheiten abfinden müssen. Nicht einmal nachträglich – auch nicht auf unsere Anfrage an den 2. Bezirksvorsitzenden, den bayerischen Bundesrechtsberater, -  haben wir bis heute einen direkten Bescheid unseres Bezirksverbandes, von welchem Funktionsträger auch immer, erhalten.

Auch wenn wir die Auffassung des Bezirkes (TV Erlangen, mithin eine „halbe Spielgemeinschaft“ als Aufsteiger) für falsch halten, akzeptieren wir, dass sie nicht völlig unvertretbar war. Näher liegend ist freilich, dass im Falle der Nichtzulassung des Bezirksmeisters der Zweitplatzierte Großenseebach zum Zuge kommt. Wir hätten uns gewünscht, dass der Bezirk auch unsere Position wenigstens im Ansatz versteht und berücksichtigt…

Mit einem nur geringen Maß an Fingerspitzengefühl oder diplomatischem Geschick hätte der Bezirk Mittelfranken eine Eskalation vermeiden können, wenn er unverzüglich mit beiden beteiligten Vereinen (nicht nur mit dem TV) das Gespräch gesucht hätte, um eine unjuristische Lösung zu finden. Aber sowohl der Bezirk als auch die Erlanger Vereine wähnten sich ob dieses „Meldetricks“ siegessicher und hatten kein Interesse daran, an das Problem offen heranzugehen. Nur als Kopieempfänger einer mail des Bezirksvorsitzenden an den bayerischen Spielleiter erhielt ich die von mir als höhnisch empfundene Aufforderung, wir sollten doch in Mittelfranken Protest einlegen - und das, obwohl wir von dort bis heute weder einen Bescheid, geschweige denn eine Begründung für das Vorgehen des Bezirkes erhalten haben.

Es blieb somit nur die Alternative, entweder das empfundene Unrecht – nicht nur den Inhalt der Entscheidung, sondern insbesondere das diskriminierende Vorgehen des Bezirkes - zu ertragen oder die Sache vor  einem Schiedsgericht klären zu lassen.

Zuständig für die Frage, wem ein Startrecht auf bayerischer Ebene zusteht ist zunächst – wer auch sonst? – der bayerische Spielleiter. Dieser hielt die letzte Meldung des Bezirks irrig für bindend und hatte deshalb zunächst den TV Erlangen in der Regionalliga zugelassen. Nach der Verfahrensordnung des BSB ist gegen diese Entscheidung die Beschwerde zum Bundesrechtsausschuss zu erheben.

Der vom mittelfränkischen Vorsitzenden jetzt nachträglich angeforderte Protest zu den mittelfränkischen Instanzen ist insoweit gar nicht vorgesehen. Dies wird unmittelbar einsichtig für den Fall, dass der bayerische Spielleiter zunächst für Großenseebach entschieden hätte. Hätte dann etwa der TV auch vor dem mittelfränkischen Präsidium als Schiedsgericht klagen sollen und dieses dann den bayerischen Spielleiter zu einer anderen Entscheidung verpflichten sollen?

Hinzu kommt, wie bereits dargestellt, dass Großenseebach bis heute keine förmliche Entscheidung aus Mittelfranken erhalten hat. Wogegen hätten wir also klagen sollen?

Unglücklicherweise bin ich „normalerweise“ der Vorsitzende des Bundesrechtsausschusses, eine Tätigkeit, die außer viel Arbeit keinen Lohn, wenig Ehre und manchmal sogar Schläge unter die Gürtellinie mit sich bringt. Sollte dies wirklich dazu führen müssen, in dieser Situation unter den geschilderten Umständen auf einen Protest zu verzichten? Selbstverständlich habe ich an der Entscheidung nicht mitgewirkt, weder direkt noch indirekt. Die Verfahrensordnung des bayerischen Schachbundes regelt diesen Fall sogar ausdrücklich und überträgt den Streitfall auf den Stellvertreter.

Im Übrigen waren an der Entscheidung noch zwei weitere Volljuristen beteiligt, darunter ein emeritierter Professor für Zivil- und Sportrecht. Beide Beisitzer sind mir nicht einmal persönlich bekannt. Der unterschwellig erhobene Vorwurf der Mauschelei ist auch für die unabhängigen Mitglieder des Schiedsgerichts ehrenrührig.

Mit der Vorgehensweise des Protestes bestand übrigens im Verein auf breitester Basis Zustimmung. Dem TV sei insoweit eine Erkenntnis von Mark Twain ans Herz gelegt: „Tatsachen muss man kennen, bevor man sie verdrehen kann“.

Der Bundesrechtsausschuss hat dem Meldetrick des Bezirksverbandes eine klare Absage erteilt. Der vom TV angemahnten „Berücksichtigung der Abschlusstabelle“ wurde vom BRA Rechnung getragen: An Stelle des vom Bezirk gemeldeten TV, der nicht mit einer eigenen Mannschaft an der Bezirksmeisterschaft teilgenommen hat und folglich auch nicht in der Abschlusstabelle erscheint, darf der Zweitplatzierte aufsteigen.

Bisher einzigartig ist der Umstand, dass die Erlanger Funktionäre die klare und absehbare Entscheidung des obersten Schiedsgerichtes des BSB nicht akzeptierten, sondern auch noch die ordentlichen Gerichte bemühen. Zu diesem von Anfang an aussichtslosen Zivilprozess gegen einen anderen Verein seines Bezirksverbandes hat der Vorsitzende Mittelfranken in einer seiner,  von den meisten wohl ungelesenen, Stellungnahmen den TV mit dem Satz „Zum Glück - so möchte  man sagen - gibt es noch die Anrufung eines ordentlichen Gerichtes" auch noch animiert. Wahnsinn...kann man dazu nur sagen!

Mit der Abgabe einer „eidesstattlichen Versicherung“ dahingehend, die Spielgemeinschaft sei aufgelöst, wollte der Abteilungsleiter des TV Erlangen eine Entscheidung zu Gunsten des TV herbeiführen. Wir alle wissen, dass die SG noch immer auf allen Ebenen existiert und als solche mit seiner Schnellschachmannschaft auch jüngst im Bezirk aufgetreten ist. Wie verhält es sich demnach mit der Richtigkeit dieser eidesstattlichen Versicherung? Letztlich kam es dem Gericht aber hierauf nicht einmal an. Weil die Entscheidung des Amtsgerichts immer wieder falsch oder unvollständig zitiert wird, erlauben auch ich mir, hieraus zu zitieren:  

Die Entscheidung des Bundesrechtsausschusses vom 28.7.2006 kann nicht beseitigt werden. Es ist in sachlicher, nachvollziehbarer Weise dargelegt, warum der Antragsteller ( eigene Anm.: der TV) als Nachfolger der Spielgemeinschaft TB / TV nicht als Aufsteiger zugelassen wurde.....“

Mittlerweile ist nach unseren Informationen die Entscheidung des Amtsgerichts rechtskräftig. Vielleicht hat sich der TV ja doch durch die übereinstimmende Entscheidung zweier Instanzen überzeugen lassen.

Der TV braucht sich keine Sorgen darüber zu machen, was wir unseren Jugendlichen vermitteln. Es bleibt jedenfalls die richtige Erkenntnis, dass man vor vermeintlichen Autoritäten (hier Schachbezirk) nicht zurückweichen muss, sondern sich gegen erkannte Tricksereien mit Erfolg zur Wehr setzen kann. Wir aber fragen uns, ob die Mitglieder der Erlanger Schachvereine wirklich darüber informiert waren, dass mit ihren Mitgliedsbeiträgen unsinnige Zivilprozesse (mit Kosten für drei Rechtsanwälte und Gerichtsgebühren) geführt werden und damit auch einverstanden sind.

Letztlich wäre zu wünschen, dass die Erlanger Funktionäre und auch der Bezirk nunmehr endlich ihre versäumten Hausaufgaben nachholen, damit nicht im nächsten Jahr der Streit mit anderen Beteiligten erneut geführt wird.

Dieter Seyb