Um keine Ausrede verlegen

In einer Partie war der argentinische Großmeister Miguel Najdorf, der sich nicht nur auf dem Schachbrett als äußerst erfinderisch erwies, sondern auch in schwierigen Lebenssituationen durch unversiegbaren Humor, Optimismus und sprühenden Geist den Kopf oben behielt, in eine wenig erbauliche Stellung geraten. "Maestro, sie haben doch eine Figur verloren! Wie konnte das nur geschehen?" fragte ein enttäuschter Fan den Großmeister, als der zu einer kurzen Verschnaufpause von seinem Spieltisch aufgestanden war. "Ach, das ist weiter kein Unglück", erwiderte Naidorf, "wenn ich die Partie verliere, dann war es eben ein offensichtliches Versehen, sollte ich aber noch gewinnen, führe ich das auf eine weitberechnete Kombination zurück."
 
 
Selbstbewußtsein

Während eines Wettkampfes wurde Steinitz einmal gefragt, wie er denn  seine  Chance sehe,  diesesTurnier zu gewinnen.Gesagt haben soll er:”Ich habe die besten Aussichten, den ersten Preis zu gewinnen - den jeder muß gegen Steinitz spielen, nur ich nicht!”

  

 
 
eben deswegen

Als der damalige Weltmeister Aljechin bei einem Spaziergang in Paris ein kleines Café betrat, um dort eine Erfrischung einzunehmen, bemerkte er, daß im selben Raum Schach gespielt wurde. Nach einer weile wurde er von einem Herrn gebeten, mit ihm doch eine Partie Schach zu spielen. Der Weltmeister willigte ein, die Gegner setzten sich daraufhin an einen Tisch und stellten die Figuren auf. “Ich gebe Ihnen einen Turm vor”, sagte der Weltmeister. Leicht entrüstet erwiderte sein Kontrahent: “Aber wieso denn? Sie kennen mich doch überhaupt nicht.” “Eben deswegen!” antwortet Aljechin.

 Wer gewinnt?

Bei einem englischen Turnier geriet der damalige Weltmeister Aljechin durch ein zu riskantes Spiel gegen seinen Gegner in eine äußerst fatale Lage. Aljechin gelang es dennoch mit viel Glück, sich bis zum Abbruch zu retten. Voller Stolz zeigte sein Gegner dann in der Mittagspause die Abbruchstellung einem Dr. Tartakower und fragte diesem dann nach einigen Erläuterungen: “Nun, was denken Sie, wer gewinnt die Partie?” Darauf Dr. Tartakower trocken: “Aljechin.” “Aber wieso denn? Ich habe doch die viel bessere Stellung!”, rief Aljechins Gegner erstaunt.Dr. T. antwortete: “Ja, aber Sie haben mich ja nicht gefragt, wer die bessere Stellung hat, sondern wer die Partie gewinnt” und verschwand daraufhin. Tatsächlich konnte Aljechin die Partie letztendlich für sich entscheiden.

Hübner
Dr. Rober Hübner, promovierter Papyrologe, ist der beste deutsche Schachspieler seit Emanuel Lasker. Ihm werden viele Anekdoten zugeschrieben, zum Beispiel folgende: 
Einmal bot ein Spieler Hübner remis an. Hübner: "Zu früh." Nach einer Reihe von Zügen gab es ein erneutes Angebot, Hübner: "Zu spät!" 
Eine andere Anekdote rankt sich ebenfalls um ein Remisangebot, daß mit den Worten: "Möchten Sie remis?", offeriert wurde. "Nein!", war die Antwort. "Sie wollen also gewinnen?". "Nein!". Nun war der Gegner verwirrt: "Was wollen Sie denn?" "Spielen!", sagte Hübner. 
 
Fischer
Das klitzekleine Monaco wollte 1967 ein gewaltiges Meisterturnier organisieren. Die Veranstalter bemühten sich um eine erstklassige Besetzung. Sie kabelten an den USA-Verband: "Laden zwei Großmeister ein, einer davon Fischer!" Was sich dann während des Turniers so alles zutrug, drang nicht an die breite Öffentlichkeit. Die höflichen Herren vom Komitee wollte offenbar ihre olympische Wäsche nicht vor Augen der Sterblichen waschen. Doch im Jahr darauf lautete ihr Einladungsschreiben an die Amerikaner: "Laden zwei Großmeister ein, keiner davon Fischer!'
 

Ebenfalls zur Legende geworden ist die Zerstreutheit der Schachspieler: Ein kanadischer Meister gab bei der Schacholympiade in München 1958 eine Brille, die auf seinem Tisch lag, als Fundgegenstand ab, um kurz darauf festzustellen, daß es seine eigene war. Im gleichen Turnier soll ein dänischer Meister seinen Kaffee gedankenversunken mit einem Läufer umgerührt haben. In einer Partie Ahues-Prezepiorka kam es zu einem Schlagabtausch, in dem der Tscheche im Eifer des Gefechts seinen eigenen Turm schlug. Der schlagfertige Berliner spielte ungerührt weiter. Nach Beendigung des Schlagabtausches rief der Tscheche erschreckt aus: “Was ist los? Ich habe keine Figur mehr!”. Ähnliches passierte in einer Partie Cholmow-Lutikow . Cholmow bedrohte einen Läufer seines Gegners und war völlig sicher, daß dieser ihn gegen einen Springer tauschen würde. Als sein Gegner ihn ganz gegen jede schachliche Vernunft wegzog , schlug Cholmow in einer Reflexhandlung seinen eigenen Springer. In beiden Fällen wurde der Irrtum nach Absprache mit der Turnierleitung revidiert. Bei der Olympiade in Nizza 1974 erhob sich Najdorf von seinem Brett, um eine Tasse Tee zu holen. Bei seiner Rückkehr setzte er sich versehentlich an einen falschen Tisch. Als er sich einem ihm unbekannten Spieler gegenübersah, meinte er in väterlichen Ton: “Ich glaube, Sie haben sich in Ihrem Platz geirrt!”.

Der Klavierspieler

Ein bekannter Großmeister-Kollege traf Fischer nach dem Match gegen Taimanov in Vancouver 1971, das der Amerikaner sensationell mit 6-0 für sich entschieden hatte. "Was hältst du von Taimanovs Spiel?", fragte er Bobby. Dieser entgegnete boshaft: "Ich glaube, er spielt ganz gut Klavier!"

Schachspieler als Beruf

Während einer Zugfahrt nach London kam der Weltmeister Steinitz mit einem - wohlhabend aussehenden - Geschäftsmann ins Gespräch.
Im Laufe der Unterhaltung wurde Steinitz gefragt, welchen Beruf er denn ausübe. "Ich bin Schachspieler, mein Herr!", lautete seine Antwort.
"Gut, aber ich wollte gern wissen, was Ihr Beruf ist", entgegnete der Geschäftsmann.
Daraufhin Steinitz: "Ich spaße nicht - Schachspieler ist wirklich mein Beruf." Der Gentleman, der von seiner achtjährigen Tochter begleitet wurde, schaute äußerst ungläubig.
Doch plötzlich mischte sich die Tochter, in das Gespräch ein: "Spielen Sie immer noch Schach?"
Steinitz lächelte und meinte: "Freilich - und warum auch nicht?"
"Ich habe mit den Figuren gespielt", entgegnete daraufhin die Achtjährige, "als ich noch ganz klein war - aber jetzt spiele ich schon lange nicht mehr damit."

 

Die Remisstellung

Über Louis Paulsen, einen bekanntermaßen langsamen Spieler, berichtete George MacDonnell in der Deutschen Schachzeitung 1895 folgendes: In klarer Remisstellung brütete Paulsen über dem Brett, ohne einen Zug zu machen. Seine Bedenkzeit lief dabei ab. Sein Gegner, der das bemerkte, fragte Paulsen, worüber er denn nachdächte, die Partie sei doch Remis. Paulsen antwortete: " Worüber ich nachdenke? Wenn wir das Spiel jetzt remis geben, dann habe ich in der nächsten Partie Weiß. Und ich überlege nun, welche Eröffnung ich wählen soll." Paulsen verlor durch Zeitüberschreitung.

Salve!

Im Jahre 1906 nahm der starke polnische Meister G. S. Salwe an dem berühmten Turnier von Ostende teil. Auf der zum Spiellokal des Hotels führenden Steintreppe stand mit farbigen Intarsien in Latein "Salve!" (Sei gegrüßt!) Der Maestro verstand jedoch kein Latein und nahm an, dass ihm zu Ehren die Inschrift gemacht worden sei. Den erstaunten Hotelbesitzer ließ er wissen, dass er seinen Namen lieber ohne Fehler geschrieben sähe!

Verlierer mit hoher Selbsteinschätzung

1908 spielten der süddeutsche Meister Köhnlein gegen den Kaffeehausspieler Burletzki einen Wettkampf auf sechs Gewinnpartien. Letzterer ging mit viel Selbstvertrauen und Ichgefühl in den Kampf, aber die erste Partie gewann Köhnlein. Burletzki: "Ich habe einen dummen Fehler gemacht."
Die zweite Partie gewann auch Köhnlein.
Burletzki: "Alle Partien kann man nicht gewinnen."
Die dritte Partie gewann ebenfalls Köhnlein.
Burletzki: "Ich bin heute nicht in guter Form."
Die vierte Partie gewann wieder Köhnlein.
Burletzki: "Er spielt nicht schlecht."
Die fünfte Partie gewann Köhnlein.
Burletzki: "Ich habe ihn unterschätzt."
Die sechste Partie gewann Köhnlein.
Burletzki: "Ich glaube, er ist mir ebenbürtig."

Feste Sache

Der starke Bremer Carl Carls (1880-1958) eröffnete mit den weißen Figuren immer mit 1. c4. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Daher wurde in Deutschland die Eröffnung mit 1. c4 auch lange Zeit als Bremer Eröffnung betitelt. Eines Tages setzte er sich zu einem Mannschaftskampf ans Brett, griff mit Schwung nach dem C-Bauer und mit einem Ruck flog die Spielplane in die Luft und die darauf befindlichen Figuren quer durch den Raum, mit Ausnahme des C-Bauern. Seine Mannschaftskollegen hatten in der Nacht zuvor diesen am Brett von Carls mit starken Klebstoff festgeklebt.

Unfair!

Nachdem eine Partie vertagt worden war, rief ein Spieler seinen Kontrahenten telefonisch an, um ihm zu "eröffnen", dass er die Partie aufgibt. Diesen Entschluss übermittelte er aber nicht der Turnierleitung, sondern erschien zum Termin der Wiederaufnahme der Partie und bestand auf Gewinn, da der Gegner "dank" dieser gerissenen Methode nicht zum Spiel angetreten war.

Schach-Musik

Der Komponist Max Reger saß im Gasthaus, wo eine Kapelle spielte, und rief den Ober: "Herr Ober, spielt die Kapelle auch Wünsche der Gäste?" "Gewiss, was soll die Kapelle für sie spielen?" "Am liebsten wäre mir, wenn die Kapelle Schach spielt, bis ich mit dem Essen fertig bin."

Fesselung

In einem Schachturnier in einem Kurort waren die Teilnehmer in einem Hotel mit recht dünnen Wänden untergebracht und der Meister suchte verzweifelt in seiner Hängepartie nach einer Gewinnversetzung, um sie am nächsten Morgen siegreich beenden zu können. Und plötzlich um Mitternacht, so mitten Halbschlaf kam ihm die Erleuchtung: "Ich hab's, ich muss die Dame fesseln. Ich muss die Dame fesseln". Erschreckt fuhr eine ältliche Lady im Nebenzimmer auf und lief erregt zum Portier: "Es soll ein schreckliches Verbrechen im Nebenzimmer geschehen. Kommen Sie sofort! Kommen Sie sofort!"

Kiebitze

Ein bekannter Meisterspieler geriet in seiner Turnierpartie in immer größere Bedrängnis und die Zuschauer ringsherum, die tuschelten und flüsterten. Und er wurde immer ärgerlich und schließlich wandte er sich erbost an einen der Kiebitze neben ihm: "Wer spielt den eigentlich die Partie? Sie oder ich?" Und der Kiebitz sagte nur: "Gott sei Dank: Sie!"

Matt in zwei Zügen

In einer Turnierpartie machte ein Spieler einen sehr stark aussehenden Angriffszug. Sein Gegner studierte lange die Stellung und meinte dann: "Scheint bald matt zu sein."
"Jawohl", bekam er zur Antwort, "in zwei Zügen matt."
"Warum haben Sie es denn nicht angesagt?"
"Weil ich es nicht gesehen habe."